Die Mittelmeerdiät – so fein schmeckt nur Gesundes

Die Mittelmeerdiät – so fein schmeckt nur Gesundes

Martin Schiller, 28.06.2023

Ein italienisches Sprichwort sagt, dass man bei Tisch nicht altert. Dies gilt vor allem für den Cilento, wo es so viele Hundertjährige gibt wie nirgends sonst in Italien. Das Gehemnis? Die mediterrane Ernährung. Wir gehen auf Spurensuche.

Das Geheimnis eines langen und gesunden Lebens soll in einer ausgewogenen mediterranen Ernährung liegen. Dort wo Terra Verde vor über 25 Jahren seinen Ursprung hatte, im Cilento Nationalpark, eine Autostunde südlich von den Städten Salerno und Napoli, leben besonders viele über 100 Jährige. Doch was genau steckt hinter der «Dieta Mediterranea»?

Im kleinen Fischerdorf «Pioppi» im Herzen des Cilento ließ sich einst der «Vater der Mittelmeerdiät», Ancel Keys, nieder. Hier entwickelte der US-Ernährungswissenschaftler die Leitlinien dieser heute weltberühmten, reichhaltigen und gesunden Ernährungsweise, die mittlerweile auch wissenschaftlich gut untersucht wurde.

Der Name der Mittelmeerkost kommt daher, weil es sich um eine Ernährungsform handelt, die typischerweise rund um das Mittelmeer gegessen wurde. Insbesondere in Süditalien und Griechenland. Wenn wir uns jetzt eine Pizza im Hafen von Neapel oder einen Teller Pasta mit Tomatensauce in Rom vorstellen, ist dies allerdings kein Bestandteil der Mittelmeerkost, die als gesund gilt. Und um es gleich vorweg zu nehmen: eine Portion Pommes und ein Hamburger mit Aussicht aufs Mittelmeer ist auch in Italien nicht gesünder als in der Schweiz. Das wäre ja auch zu einfach.

Die Küche im Cilento besteht im engeren Sinne aus «Arme-Leute-Gerichten». Nur selten kommt Fleisch den Tisch, denn das konnten sich früher nur wenige leisten. Viele traditionelle Gerichte sind vegetarisch und es wird viel Fisch gegessen. Im Cilento wird leidenschaftlich gerne gekocht und beim geselligen Miteinander gegessen. Auch diese Liebe zum Essen trägt dazu bei, dass man Wert auf frische Zutaten legt. Denn schließlich ist man stolz auf die kulinarischen Traditionen und es soll allen schmecken.

Was gehört zur «Mittelmeer-Diät»?

- Reichlich Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst
- Vollkornprodukte wie Vollkornbrot
- Nüsse und Samen
- Viel Olivenöl extra vergine
- Wenig Milchprodukte; hauptsächlich in Form von Käse und Joghurt
- Fisch
- Weisses Fleisch, nur wenige Male im Monat rotes Fleisch
- Eier
- Wenig Süssigkeiten, eher Obst zum Nachtisch
- Viel Kräuter wie Oregano, Thymian Rosmarin und auch Knoblauch
- Ein Glas Wein zum Essen

Und das Schöne an der Mittelmeerdiät ist, dass sie nicht nur gesund ist, sondern auch gut schmeckt. Ein wesentlicher Bestandteil ist - erstaunlicherweise - Fett. Hauptsächlich in Form von ungesättigten Fettsäuren. Und hier trägt das Olivenöl kräftig dazu bei.

Olivenöl
Der Olivenanbau hat im Cilento eine lange Tradition. Dementsprechend wird in der lokalen Küche viel Olivenöl extra vergine verwendet und keine Butter. Dies ist eines der Geheimnisse der Mittelmeerkost. Denn obwohl der Fettanteil relativ hoch ist, ist sie nachweislich gesund. Die ungesättigten Fettsäuren des Olivenöls tragen nachweislich zu einer Senkung des Diabetes-Risikos bei. Auch wurde nachgewiesen, dass die mediterrane Küche positive Effekte auf das Risiko von Schlaganfällen hat oder zu einem geringeren Gehirnabbau im Alter beitragen kann. Auch gibt es Anzeichen, dass bei manchen Patienten das Risiko von Depressionen mit einer gesunden Ernährung deutlich kleiner wird. Ausserdem senkt es den Cholesterinspiegel und wirkt der Entstehung von Herzkrankheiten entgegen.

Polyphenole

Qualitativ gutes Olivenöl hat einen hohen Anteil an Polyphenolen. Polyphenole befinden sich, je nach Pflanze mehr oder weniger, in der Haut respektive der Schale von Pflanzen oder Früchten und dienen dem Schutz eben dieser. Und dieser Schutz kann auch beim Menschen wirken.

Im Olivenöl schmecken wir überwiegend zwei Arten von Polyphenolen: Oleuropein schmeckt bitter und Oleocantahl pfeffrig-stechend.Wenn gutes Olivenöl gekostet wird, ist es ein gutes Zeichen, wenn es im Hals kratzt oder gar gehustet werden muss, dann hat man ein gutes Öl erwischt. Raffiniertes Öl hingegen hat praktisch keine Polyphenole mehr und kratzt dementsprechend auch nicht im Hals.

Verwendung von Kräutern
Durch das Würzen mit aromatischen Kräutern wie Rosmarin, Thymian und Oregano kann auf Salz verzichtet werden. Und Kräuter haben eine heilende Wirkung. Das ätherische Öl im Rosmarin soll die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigern und vor Demenz und Alzheimer schützen. Rot leuchtende Peperoncino sind ebenfalls nicht wegzudenken aus der Mediterranen Küche. Peperonicino hat viele positive Wirkungen auf die Gesundheit, enthält Vitamin C, wirkt Infektionen entgegen und stärkt das Abwehrsystem.

Hülsenfrüchte
Unter den kohlenhydratreichen Lebensmitteln sticht eine Gruppe aus gesundheitlicher Hinsicht hervor: die Hülsenfrüchte. Leider sind Hülsenfrüchte oft nicht sonderlich beliebt. Hülsenfrüchte, das sind unter anderem Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Erbsen oder aber auch Erdnüsse.

Wie in vielen bäuerlichen Küchen spielen Hülsenfrüchte in der mediterranen Küche eine wichtige Rolle. Weisse Canellini-Bohnen und braune Borlotti-Bohnen, Linsen und Erbsen sind wichtige Eiweisslieferanten und wichtige Proteinlieferanten bei einer fleischarmen Ernährung.

Bei Menschen mit Insulinresistenz und Diabetes sind Hülsenfrüchte die beste Kohlenhydratquelle. Sie wirken der Entstehung von Diabetes Typ 2 entgegen und tragen zur Senkung der Blutzuckerwerte bei. Ausserdem enthalten sie viele Ballaststoffe. Es fällt ausserdem auf, dass in allen Regionen der Welt, in denen Menschen «alt» werden (Stichwort: Blaue Zonen), besonders häufig diverse Arten von Hülsenfrüchten gegessen werden.

Und auch ganz wichtig: Aus Landwirtschaftlicher Perspektive sind Hülsenfrüchte wichtige Stickstoffbinder für den Boden und unersetzlich für Fruchtfolgen (auch in Form von Kleewiesen – Klee ist ebenfalls eine Hülsenfrucht.

Weizen
Weizenprodukte sollten, wenn immer möglich ungeschält, sprich als Vollkorn gegessen werden. Denn Vollkornprodukte enthalten wertvolle Ballaststoffe, Mineralstoffe und B-Vitamine. Von Vollkorn spricht man übrigens, wenn das ganze Korn vom Weizen verwendet wird und nicht, wie beim Weissmehl, diese wertvollen, nährstoffreichen Bestandteile zuerst entfernt wurden.

Im Cilento wurde traditionell vor allem Hartweizen zwischen den Olivenbaumreihen angebaut. Eine traditionelle Form des Agroforsts.

Massvoller Genuss von Rotwein
Im Cilento trinkt man, wie in ganz Italien, gerne ein Glas Wein zum Essen. Typische Weinsorten in Süditalien sind Aglianco, Fallanghina, Fiano und Greco. Wichtig: Eine gesunde Wirkung des Weins gilt nur bei zurückhaltendem Konsum! Es gilt die Faustregel: Maximal ein Glas für Frauen, zwei für Männer pro Tag. Der Wein soll hauptsächlich als Genussmittel dienen.

Milch und Milchprodukte
Im Cilento, ja in ganz Kampanien, sind die Wasserbüffel heutzutage omnipräsent. Die Mozzarella di buffola ist eine Spezialität der Region. Doch dies war nicht immer so und für eine gesunde Mittelmeerdiät wird nur ein massvoller Konsum von Milchprodukten empfohlen. Hauptsächlich in Form von Käse (fermentierte Milch).

Eine kleine Nebenbemerkung: Die vielen Büffelfarmen in Kampanien sind auch ökologisch nicht sehr sinnvoll, es werden wertvolle Ackerflächen oder Obstplantagen gerodet, um Mais für die Büffel anzubauen. Und die Mafia hat den Sektor für sich entdeckt und mischt kräftig mit.

Fisch
Eine Gemeinsamkeit, die viele Ortschaften mit einer überdurchschnittlichen Lebenserwartung haben ist, dass es oft Inselbewohner:innen oder Leute von Orten mit Meerzugang sind. Und dabei spielt der frisch gefischte Fisch eine wesentliche Rolle. Vor Allem die Omega-3-Fettsäuren sind gesund. Aus ökologischer Perspektive dagegen spricht allerdings, dass die Meere bereits überfischt und auch verschmutzt sind (Fische nehmen Mikroplastik über ihre Nahrungsaufnahme auf und über unseren Frischkonsum landet er auch in uns). Eine Alternative könnten Omega-3-reiche Produkte z.B. Leinöl oder auch Kapseln sein.

Die mediterrane Küche respektiert die Natur
Die Ökosysteme im Cilento Nationalpark sind oft noch intakt. Die steilen Hänge bewahren die Region vor einer ultraintensiven Landwirtschaft. Und die Mittelmeerdiät senkt indirekt auch den Fussabdruck unserer Ernährung, denn die Hauptzutaten wie Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse haben einen geringeren CO2-Fussabdruck als hochindustrielle Nahrungsmittel. Auch der Fleischkonsum kann mit einer konsequenten Mittelmeerdiät reduziert werden, was ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Fussabdruck hat.

Ancel­ Keys hat übrigens selbst nach seinen Regeln gelebt und wurde über 100 Jahre alt. ;-)